
Meiner Ansicht nach gibt es in fast jedem Leben diesen Abschnitt, den man vielleicht Bewusstwerdungsprozess nennen könnte.
Und doch stimmt das nicht ganz, denn eigentlich gibt es weder Anfang noch Ende – das Leben ist ein ständiges Fließen, ein Kreislauf von Werden und Vergehen. Dennoch gibt es Momente, in denen wir gezwungen werden, unser Leben genau unter die Lupe zu nehmen.
Für mich geschah das mit 28 Jahren – also vor etwa acht Jahren.
Ich erinnere mich noch, als wäre es gestern gewesen.
Ich hatte mir vieles erfüllt, was ich mir vorgenommen hatte: eine Familie, Kinder, ein Haus, eine Ausbildung. Äußerlich war alles da. Doch innerlich war ich ein zutiefst depressiver Mensch. Ich verstand nicht, warum ich mich trotz „Erfüllung“ leer fühlte.
Eines Abends saß ich auf der Terrasse, nach einer erneuten Auseinandersetzung mit meinem Ego, und blickte in den Sternenhimmel.
Da stieg eine Frage aus der Tiefe meiner Seele empor, die ich an das Universum stellte:
Warum?
Warum fühle ich mich so?
Ist das der Sinn meines Lebens?
Warum diese Leere, obwohl ich doch alles habe?
War’s das schon?
Warum musste ich so viele schwere Erfahrungen seit meiner Kindheit durchleben, obwohl ich immer versucht hatte, in Liebe zu handeln? Werde ich bestraft? Aber wie kann man bestraft werden, wenn man doch versucht, in Liebe zu leben?
Rückblickend weiß ich: Schon als Kind kannte ich die „goldenen Regeln“, ohne dass mir das bewusst war. Ich war in verschiedenen Kirchen, sah viele Dogmen – doch nichts davon war stimmig für mich. Als ich einmal mit meiner Großmutter in eine streng evangelische Kirche musste, stellte ich dem Pfarrer so viele Fragen, dass er sprachlos blieb. Ich hatte schon früh Angst, dass mir die Kirche meine Freiheit nehmen könnte. Meine Antwort damals war klar:
Mein Herz ist meine Kirche.
Heute habe ich meinen Konflikt mit den Kirchen losgelassen. Ich erkenne, dass manche Menschen diese Orte brauchen – und dass auch diese Erfahrung wichtig ist.
🌒 Die Wende
Mit 28 nahm mein Leben eine Wende.
Ich weiß heute: Ich hatte mir diesen Moment schon vor der Inkarnation zurechtgelegt. Und doch war ich damals überfordert von der Wucht des Umbruchs.
Eines Tages saß ich auf dem Boden meines Badezimmers. Ich war wie gelähmt, konnte nichts mehr wahrnehmen außer Druck und ein Pfeifen in meinen Ohren. Ich war getrennt von meinem Mann, lebte in einer eigenen Wohnung, und fühlte mich am Ende meiner Kraft. Den Lebenswillen hatte ich seit Kindertagen kaum gespürt – und nun noch weniger.
Nur ein Gedanke hielt mich: meine zwei wundervollen Söhne.
Für sie musste ich kämpfen. Für sie wollte ich weitermachen. Sie waren – und sind – das größte Geschenk meines Lebens.
So begann ich zu suchen: nach Antworten, nach Zusammenhängen, nach Sinn. Diese Suche gab mir neue Kraft. Ich dachte damals: „Endlich hat das Leiden ein Ende.“ Ich meditierte, klärte, reinigte – fast besessen.
Doch die erste Ausbildung zur spirituellen Heilerin führte mich mitten in die Realität meiner eigenen Schatten. Ich erkannte: Es geht nicht darum, das Leiden zu beenden, sondern darum, es zu verwandeln.
🌕 Erkenntnis
Heute weiß ich: Der Sinn liegt nicht im Ende, sondern im Weg.
Es gibt kein „fertig“.
Das Ziel ist der Prozess selbst.
Je mehr Schatten wir liebevoll in uns integrieren, desto friedvoller begegnen wir dem Leben. Wir beginnen, aus einer anderen Perspektive zu sehen. Alles, was uns geschieht, ist Erfahrung – nichts mehr und nichts weniger.
Die Schatten verschwinden nicht. Sie werden Teil von uns, wenn wir lernen, sie mit Liebe zu umarmen. Oft dachte ich, andere würden mich angreifen. Doch in Wahrheit wollte ich mich nur vor mir selbst schützen.
Alles im Leben sucht Ausgleich. Jeder Gedanke, jedes Wort, jede Tat.
Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück.
Und oft zeigt uns das Leben in übersteigerter Form, was wir noch lernen dürfen.
Sobald wir aufhören, Schuld bei anderen oder bei uns selbst zu suchen, und stattdessen die volle Verantwortung für unser Sein übernehmen, verliert das Leben seine Schwere.
Unser Ego ist raffiniert – es tarnt sich immer neu. Deshalb bleibt der Weg lebendig.
Niemand hat versprochen, dass es leicht wird.
Doch wir haben uns entschieden, hier auf die Erde zu inkarnieren, weil sie ein einzigartiger Ort für Wachstum ist. Manchmal braucht es Wiederholungen. Manchmal „bestehen“ wir eine Prüfung nicht und wählen, sie erneut zu erleben.
🌌 Der Sinn
Der Sinn des Ganzen ist Wachstum.
Jede Erfahrung ist notwendig.
Sobald wir aufhören, zu bewerten, und beginnen, zu sein, finden wir Frieden.
Innerer Frieden entsteht, wenn wir die Wertung loslassen.
Denn es gibt keinen Anfang und kein Ende – nur den ewigen Tanz der Seele, die in Liebe wachsen will.
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